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Wie die Regionalisierung von Wetterdaten Infektionsprognosen beeinflusst

Downscaling - Wetterdaten regionalisieren

VineForecast erstellt Prognosen für jeden Schlag eines Weingutes und das, ohne in den Weinbergen Wetterstationen zu installieren. Wie das geht und auf welcher Methodik die Technologie dahinter aufbaut, das erfahren Sie in diesem Blogartikel.

Downscaling – Regionalisierung der Wetterprognose

Um zu verstehen, wie Wettervorhersagen tatsächlich entstehen, müssen wir zunächst etwas in die Materie einsteigen. Hin und wieder wird nämlich angenommen, dass die nächstgelegenen Wetterstationen die Wettervorhersage für die Region zur Verfügung stellen. In Wahrheit stehen aber komplexe Wettermodelle hinter der Wettervorhersage.

Die Vorhersagen werden mehrmals täglich von nationalen und internationalen Wetterdiensten wie z.B. dem Deutschen Wetterdienst (DWD) auf Supercomputern berechnet. Hierbei wird mittels eines Wettermodells die Entwicklung des Wettergeschehens in den kommenden Stunden und Tagen kalkuliert.

Messwerte dienen als Ausgangspunkt für die Wetterprognosen 

Etwas vereinfacht gesprochen, wird in einem Wettermodell die Erde in sogenannte Gitterboxen unterteilt. Dies kann man sich wie ein Schachbrettmuster vorstellen. Jedem Feld des Schachbrettes kann ein Wert für die Temperatur, den Luftdruck oder die Luftfeuchtigkeit zugeordnet werden. Auf Basis von physikalischen Gesetzen wird dann berechnet, wie sich die verschiedenen Werte sich im Verlauf der Zeit entwickeln. Je kleiner diese Gitterboxen sind, desto höher ist die Auflösung des Wettermodells und desto realistischer kann der Einfluss von regionalen Gegebenheiten, wie z.B. die Topographie, abgebildet werden.

Für jede Gitterbox wird nämlich mit einer gemittelten Topografie gearbeitet. Das heißt in Modellen mit einer geringeren Auflösung verschwinden topografische Details. Dieser Unterschied ist deutlich in der Abbildung 1 zu sehen. Auf dem oberen Bild ist die Topografie der Alpen für eine Auflösung von ungefähr 6km x 6 km gezeigt, während beim unteren Bild die Auflösung bei 2km x 2km liegt.

Topografie - Auflösung auf der Karte

Abb. 1: Zwei Topografiemodelle gegenübergestellt: Oben eine Auflösung von 6km x 6km, unten 2km x 2km

Bevor ein Wettermodell gestartet werden kann, muss jede Gitterbox (“jedes Feld des Schachbrettes”) mit Anfangswerten „befüllt“ werden. Für die Anfangswerte der Berechnungen fließen eine Vielzahl von Messdaten von Wetterstationen, Wetterballons, Flugzeugen oder Satellitendaten in das Modell mit ein.

Die Auflösung der Wettermodelle ist entscheidend

Je höher die Auflösung eines Wettermodells, desto mehr Rechenkapazität ist jedoch auch nötig. Daher besitzen die meisten Wettermodelle aktuell im besten Fall eine horizontale Auflösung von 1km x 1km.  Für mittelfristige Prognosen, die mehrere Tage in die Zukunft gehen, ist die Auflösung häufig aber auch deutlich geringer.  Beispielsweise besitzt das ICON-EU Modell des DWDs eine Auflösung von ca. 6km x 6km und reicht bis 180 Stunden in die Zukunft. Das höher aufgelöste ICON-D2 Model hat wiederum eine Auflösung von ca. 2km x 2km, reicht jedoch nur 48h Stunden in die Zukunft.

Um die allgemeine Entwicklung des Wetters in den kommenden Tagen abzuschätzen ist, diese Auflösung häufig vollkommen ausreichend. Problematisch wird es dann, wenn man an dem spezifischen Mikroklima an einer Position interessiert ist. Da die Prognosewerte aus der Vorhersage von den Wettermodellen eher gemittelte Werte über eine Gitterbox darstellen, können diese teilweise deutlich von den eigentlichen Werten an einer bestimmten Koordinate abweichen. Diese Problematik ist besonders ausgeprägt, wenn sich der Vorhersagepunkt in einer Region mit einer komplexen Topographie befindet.

Regionalisierung der Wetterdaten

Um diese Fehler in der Prognose zu korrigieren, verwendet man in der Meteorologie und Klimaphysik die Technik der sogenannten Regionalisierung (engl. Downscaling). Hierbei werden statistische Zusammenhänge zwischen der Topographie und dem Mikroklima genutzt, um die Wetterprognose nachträgliche besser auf die lokale Topographie zu kalibrieren. Besondere Bedeutung gewinnt die Regionalisierung für alle Prozesse, bei denen kleine Unterschiede schon große Auswirkungen haben können. Im Weinbau können beispielsweise 2-3 Stunden Unterschied in der Blattnässedauer schon eine starke Auswirkung auf die Infektionsgefahr für Peronospora haben. Daher werden die Wetterprognosen von VineForecast zunächst regionalisiert, bevor sie in der Krankheitsmodellierung verwendet werden.

Ein Beispiel für die Regionalisierung der Temperatur auf 2 Metern Höhe ist auf der folgenden Abbildung 2 zu sehen. Links ist die Standardwettervorhersage des ICON-D2 Modells des DWDs zusehen (2km x 2km Auflösung) während rechts die regionalisierte Vorhersage von VineForecast (25m x 25m Auflösung) zu sehen ist. Im Südosten der Karte befindet sich übrigens das Moseltal, welches deutlich in der regionalisierten Prognose zu sehen ist.

Downscaling - Wetterdaten

Abb. 2: Regionalisierte Temperatur: Links eine Auflösung von 2km x 2km, rechts 25m x 25m

Regionalisierung der Krankheitsprognosen 

Schauen wir uns nun an, welchen Einfluss die Regionalisierung auf die Krankheitsprognosen hat. Hierfür vergleichen wir die Infektionsprognosen für Sekundärinfektionen mit Peronospora zwischen der Standardwettervorhersage und der regionalisierten Wettervorhersage im Beispiel für den 11. Juni 2021 für die Region um Cochem an der Mosel.

Für gewöhnlich wird die Tagessumme der Variable “Gradstunden bei Blattnässe” als Maßzahl für die Infektionsgefahr mit Peronospora verwendet. Diese Variable berechnet sich aus den Stundenwerten der Temperatur und der Blattnässe, wobei all jene Temperaturwerte über einen Tag aufsummiert werden, für welche zur gleichen Zeit Blattnässe präsent war (siehe auch hier). Steigt die Tagessumme über einen Wert von 50 geht man von einer leichten Infektionsgefahr aus. Ab Werten über 150 sind starke Infektionen zu erwarten.

Wenn wir nun die Krankheitsprognose auf Basis der Standardwettervorhersage mit der regionalisierten Prognose in der Abbildung 3 vergleichen, wird deutlich, wie stark die Regionalisierung die Krankheitsprognose beeinflusst und wie stark der Infektionsdruck auf kurze Distanz variiert. Die Verwendung einer nicht-regionalisierten Wetterprognose als Grundlage für die Krankheitsprognosen, kann im Zweifel dazu führen, dass Krankheitsrisiken stark unter oder überschätzt werden.

Abb. 3: Regionalisierte Krankheitsprognosen: Links nicht-regionalisiert, rechts regionalisiert

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