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Mobile Sensoren für den Weinbau

MeteoTracker auf einem Traktor klimatische Daten

VineForecast forscht am Einsatz von mobilen Sensoren 

Können Mikroklimadaten von mobilen Sensoren eine Verbesserung von lokalen Wettervorhersagen bewirken? Zur Beantwortung dieser Frage hat VineForecast kürzlich eine Forschungsförderung vom Hightech-Inkubatoren (HTI) Niedersachsen erhalten.  

Mobile Sensoren werden an Anbaugeräten und Fahrzeugen angebracht, die während des regulären Betriebs durch verschiedene Felder fahren. Dieser Ansatz steht im Gegensatz zu stationären Wetterstationen, die an einen Standort gebunden sind. Während sich die Fahrzeuge durch verschiedene Felder bewegen, sammeln die Sensoren eine Reihe von Klimadaten von unterschiedlichen Standorten. Mit der Zeit dienen die gesammelten Daten als wertvolle Ressource für das Training von Algorithmen der künstlichen Intelligenz (KI). Diese KI-Algorithmen erkennen Zusammenhänge zwischen Klimamessungen und lokalen topografischen Merkmalen, um die Standardwetterprognose noch besser auf ortsspezifische Faktoren anzupassen. 

Im Artikel zur Regionalisierung von Wettervorhersagen beschrieben wir, wie VineForecast schon heute KI-Algorithmen einsetzt, um eine hochaufgelöste Mikroklimaprognose zu erzeugen. Hierfür haben wir Messdaten von einer Vielzahl von stationären Wetterstationen aus ganz Europa verwendet, um einen Algorithmus zu trainieren, der die Standardwetterprognose auf die topografischen Gegebenheiten eines Schlages anpasst (Hangneigung, Ausrichtung, etc.). Je mehr Daten diesem Algorithmus von verschiedensten Lagen zur Verfügung stehen, desto besser kann die Mikroklimaprognose auf einzelne Standorte angepasst werden (vereinfacht beschrieben).

Erste Experimente mit reduzierten Wetterstationsdaten 

In ersten Experimenten haben wir herausgefunden, dass schon ein Bruchteil der Messungen einer stationären Wetterstation als Trainingsdaten ausreichen, um zu einer signifikanten Verbesserung der Temperatur und Luftfeutigkeitsprognose zu führen. In Abbildung 1 ist in schwarz der Fehler der Standardwettervorhersage für eine Wetterstation in einem Steilhang an der Mosel zu sehen. Dieser lag im Schnitt bei ca. 1,8°C in einem Zeitraum von 2011 bis 2021. In grün ist der Fehler in der Prognose dargestellt, wenn der Algorithmus Trainingsdaten von der Wetterstation erhält. Verwendet der Algorithmus nur ca. 1% der Messdaten der Station, sinkt der Fehler der Vorhersage bereits auf ca. 1,1°C

Reduce temperature error
Abbildung 1: Fehlerreduktion durch Wetterstationsdaten

Interessanterweise flacht die Verbesserungskurve mit zunehmenden Trainingsdaten ab. Das heißt immer mehr Daten vom gleichen Standort führen nicht zu einer verbesserten Prognose. Der Grund dafür ist simpel. Das Wetter wird nicht nur durch das Mikroklima bestimmt. Der Algorithmus hat zwar die Fähigkeit auf Fehler in der Wettervorhersage einzugehen, welche durch ein spezifisches Mikroklima (Hangneigung, Ausrichtung, etc.) hervorgerufen werden. Fehler deren Ursache eher „makroskopischer Natur“ sind, d.h. die Fehlerursache entsteht aus der größeren Umgebung, können hierdurch aber nicht korrigiert werden. 

Erste Tests und Feldversuche mit Partnerbetrieben

Wir befinden uns derzeit in der Entwicklungsphase des Projekts mit mobilen Sensoren, wobei die Feldversuche Anfang Mai 2023 begonnen haben. Unser Projekt zielt darauf ab, die Vorhersage des Mikroklimas zu verbessern, indem wir ein Netz mobiler Klimasensoren aufbauen und die entsprechenden Prognosealgorithmen verfeinern. Bei unseren ersten Tests und den bevorstehenden Feldversuchen arbeiten wir mit MeteoTracker zusammen, einem Unternehmen, das mobile Wetterstationen anbietet.

Bei den anstehenden Feldversuchen werden wir zudem mit einer Gruppe von vier Kunden zusammenarbeiten. Wir freuen uns, dass die Betriebe Harth & Harth (Rheinhessen), Weingut Brand (Pfalz), Habitat Weine eG (Pfalz) und Strickhof Trotte Wülflingen (Schweiz) Teil des Forschungsprojekts sind! 

Vor Versuchsstart, konzentrierten wir uns darauf, die mobilen Sensoren zu validieren und um lokale Klimaschwankungen im Zusammenhang mit der Topografie zu analysieren. 

Unsere Datenwissenschaftlerin Helyne macht mit den mobilen MeteoTracker-Sensoren eine Rundfahrt durch Leipzig, um Daten zu sammeln. 

Wir haben verschiedene Tests durchgeführt, um die Daten von mobilen Sensoren mit denen von festen Wetterstationen zu vergleichen. Dafür haben wir Daten in Leipzig gesammelt. Die Tests zeigten, dass die Daten der Sensoren eine gute Qualität liefern und die mobil gemessenen Daten mit denen der stationären Wetterstationen in hohem Maße übereinstimmen (Abbildung 2).

Abweichung Temperaturdaten vom mobilen Sensor zur Wetterstation
Abbildung 2: Temperaturmessungen der Leipziger DWD-Wetterstation werden mit denen des mobilen Sensors (im Umkreis von 500m um die Station) verglichen. Im Verlauf von 2 Stunden betrug der durchschnittliche Unterschied zwischen den Temperaturmessungen 0,5 °C. 

Darüber hinaus wurde in unserer Studie die räumliche Verteilung der Sensordaten analysiert, um Regionen mit speziellem Mikroklima in städtischen Gebieten zu ermitteln. Wir fanden statistisch signifikante Zusammenhänge zwischen Mikroklimaschwankungen und lokalen topografischen Merkmalen, wie z. B. Höhenunterschiede und Vegetationsbedeckung. Wie erwartet, sind Parks und Wälder tendenziell kühler und feuchter als bebaute Gebiete (Abbildung 3). Das unterstreicht die Fähigkeit der Sensoren, diese lokal begrenzten Schwankungen der Umweltbedingungen zu erfassen. 

Feuchtigkeitsmessungen mit dem mobilen Sensor in Leipzig
Abbildung 3: Karte der Feuchtigkeitsmessungen, die während einer einzigen Fahrt durch Leipzig durchgeführt wurden. Die Luftfeuchtigkeitsmessungen wurden um langfristige Trends bereinigt und standardisiert, um zu zeigen, wie sie von den durchschnittlichen Luftfeuchtigkeitswerten abweichen. Sowohl der Nonne-Wald als auch der Clara-Zetkin-Park wiesen im Vergleich zu den stärker bebauten Gebieten im Stadtzentrum und entlang der Hauptverkehrsstraßen höhere Luftfeuchtigkeitswerte auf. 

Anfang Mai 2023 wurden die ersten mobilen Sensoren im Rahmen eines Besuchs bei unseren Projektpartnern installiert und erste Daten erfasst. Die von unseren Partnern gesammelten mobilen Sensordaten werden nun in Verbindung mit unseren Prognosealgorithmen verwendet, um genauere Mikroklimaprognosen für Weinberge zu errechnen. Dies ist besonders wichtig für Weinberge, da in diesen das Mikroklima eine erhebliche Auswirkungen auf die Qualität und Gesundheit der Trauben haben kann. Die Erkenntnisse und das Feedback der Teilnehmer werden darüberhinaus von großem Wert sein, um unser mobiles Sensorsystem und seine praktischen Anwendungen Weinbau voranzubringen.

Die Installation der mobilen Sensoren bei unseren Projektpartnern Anfang Mai.

Projekte gemeinsam mit der Hochschule Onsabrück 

Zusätzlich zu den eigene Feldversuchen, betreut VineForecast schon seit 2022 das Studienprojekt „Robot of Vines“ an der Hochschule Osnabrück (https://www.hs-osnabrueck.de/loesungen-fuer-morgen/robot-of-vines/). Die Studierenden haben in dem Projekt eine selbstfahrende Wetterstation entwickelt. Hierfür haben sie ein Sensorsystem auf einen Rover montiert, der sich mittels GPS und RTK sowie einem Lidarsensor kollisionsfrei durch den Weinberg des Weinhofs Brinkmann im Feldversuch navigiert (Abbildung 4). Sieben Sensoren messen in einer Höhe von bis zu 2 Metern Luftdruck, Lufttemperatur sowie Luftfeuchtigkeit.  

Etwas weiter in die Zukunft geschaut, müssen die Sensoren also vielleicht nicht mehr an einem Anbaugerät befestigt werden, sondern bewegen sich autonom durch die Weinberge und nehmen immer dort Daten auf, wo der Algorithmus gerade noch nicht ausreichend Trainingsdaten besitzt.  

Abbildung 4: Autonomer Roboter des Studienprojekts "Robot of Vines" der HS Osnabrück

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